1.1 Geldangebot

Im klassischen MS i-Diagramm in Verbingung mit dem Angebots-/Nachfrage-Diagramm auf dem Kreditmarkt lässt sich sehr leicht veranschaulichen, wie die Geldpolitik den Zins beeinflussen kann, bzw. wie mittels des Zinses Geldpolitik betrieben werden kann, und welche sonstigen Faktoren die Effizienz und Grenzen dieses Mechanismus bestimmen. Die linke Graphik zeigt das reale Geldangebot der Notenbank und die Liquiditätsnachfrage des Fianzsektors. Die rechte Graphik Angebot und Nachfrage auf dem Kreditmarkt. Geldpolitische Impulse der Notenbank können entweder direkt auf dem Kreditmarkt wirken (beispielsweise über eine Beeinflussung der erwarteten Inflation, siehe Fisher-Effekt) oder über eine Senkung der Refinanzierungszinsen der Banken, die diese dann (teilweise) auf den Kreditmarkt übertragen.

Bestimmend für die Höhe des Zinsniveaus sind eine hinreichend zinselastische Finanzmittelnachfrage sowie ein (im einfachsten Fall) exogenes Angebot. Es lassen sich vier Haupteffekte aufzeigen:

  1. Liquiditäts- oder Keynes-Effekt
  2. Preisniveau- oder Fisher-Effekt
  3. Unsicherheits- oder Friedman-Effekt
  4. Einkommens- oder Wicksell-Effekt
Der Liquiditäts- oder Keynes-Effekt
beschreibt den klassischen und zentralen Zusammenhang zwischen Geldmenge (bzw. Geldangebot) und Zinssatz. Erhöht sich c.p. das Geldangebot, d.h. die Menge an Liquidität die die Zentralbank zur Verfügung stellt, so sinkt der Preis für eben diese. Der Preis dieser Liquidität ist der Leitzins. Die linke Graphik zeigt eben diesen Marktzusammenhang mit Liquiditätsnachfragekurve (d.h. Finanzmittelnachfragekurve) und realem Geldangebot. Die Liquiditätsnachfrage ist zinselastisch, d.h. bei geringerm Zinssatz wird mehr Liquidität nachgefragt (da die Kosten für das Halten der liquiden Mittel gering sind). Die Nachfragekurve ist also fallend. Geldangebot ist exogen, d.h. es wird von der Zentralbank festgelgt und ist unabhängig vom Zinssatz. Die Angebotskurve verläuft also senkrecht. Wird das Geldangebot der Zentralbank mittels des Schiebers verändert, so verschiebt sich das Geldangebot (Punkt GA) und der Zins hebt bzw. senkt sich entsprechend. Gleiches gilt für eine Veränderung des aktuellen Preisniveaus, da bei einem gleichbleibenden nominalen Geldangebot MS das reale Geldangebot MS P sinkt, wenn das aktuelle Preisniveau steigt. Mithin steigt der Leitzins, wenn die Notenbank bei steigendem aktuellem Preisniveau das nominale Geldangebot nicht ändert. Der Unterschied zum Anstieg des erwarteten zukünftigen Preisniveaus (= erwartete Inflation) im Rahmen des Fisher-Effektes liegt also in der Wirkungskette, nicht im Ergebnis.

Sinkt (steigt) der Leitzins, so verteuert sich die Refinanzierung der Kreditinstitute und das Kreditangebot auf dem Kreditmarkt (rechte Graphik) verschiebt sich nach unten (oben).

Preisniveau- oder Fisher-Effekt:

Irving Fisher postulierte den nach ihm benannten Effekt bereits 1896. Fisher unterscheidet in seiner Theorie klar zwischen dem realen und monetären Bereich der Ökonomie (klassische Dichotomie). Der Realzins bildet das Gleichgewicht zwischen Investitionsgüternachfrage und Ersparnis ohne monetäre Einflüsse. Der Nominalzins ergibt sich dann als Realzins zuzüglich eines Ausgleiches für den erwarteten Kaufkraftverlust des Kreditbetrages. Der Kapitalgeber versucht über eine höhere Zinsforderung, sich gegen den Kaufkraftverlust abzusichern. Auf der anderen Seite ist der Kreditnehmer zur Zahlung eines höheren Zinses bereit, da er mit der Anlage der Mittel in realen Vermögenswerten erwirtschaftet, die von den Preissteigerungen nominal aufgewertet werden.

i πe + r

Der Nominalzins steigt also eins-zu-eins mit der erwarteten Inflationsrate. Diese hängt wiederum von der vergangenen Preissteigerung und den erwarteten gledpolitischen Maßnahmen ab, während der Realzins von der Geldpolitik nicht geändert wird (werden kann). Steigt die erwartete Inflationsrate um einen bestimmten Prozentsatz, wird man erwarten, dass der Nominalzinssatz um denselben Prozentsatz steigt.

Eine Änderung der erwarteten Inflation äußert sich also durch eine Verschiebung von Kreditangebot und -nachfrage um genau diesen Betrag nach oben oder unten.

Unsicherheits- oder Friedman-Effekt

Friedman argumentiert, dass risikoaverse Kapitalgeber eine Prämie für die mit geldpolitischen Maßnahmen verbundene Unsicherheiten verlangen. Je größer die Unsicherheit ist, desto höher wird Risikoprämie für Bargeldhaltung wegen der Inflationsgefahr, also der nominale Zins. Ein Anstieg der Unsicherheit durch verstärkte diskretionäres Agieren der Zentralbank impiziert also einen negativen Einfluß auf das Kreditangebot in der rechten Graphik. Friedman schlägt zur Reduzierung der Unsicherheit eine Bindung der Geldpolitik an eine Regel vor. Je strikter die Regel, desto niedriger die Unsicherheit und destor niedriger der Zins. Friedmans k% Regel, nach welcher die Geldmenge jährlich um k% wachsen soll, stellt die Regel mit der wohl geringsten Unsicherheit dar. Allderdings sind derartige Regelungen sehr unflexibel und nehmen der Geldpolitik die Möglichkeit durch diskretionäre Entscheidungen Wohlfahrtsverluste zu reduzieren und in Krisen stützend einzugreifen.

Einkommens- oder Wicksell-Effekt

Von diesen drei Effekten der Geldpolitik auf den Finanzmarkt unterscheidet sich der Einkommens- oder Wicksell-Effekt vornehmlich dadurch, dass er die direkten Auswirnkungen eines Effektes auf den Finanzmärkten (Änderung des Zinses) auf die Realökonomie analysiert. Er kann deshalb in der Graphik nicht direkt dargestellt werden.

Wicksell unterschied erstmals zwischen „normalem“ (=nominalem) und „natürlichem“ (=realem) Zins. Der natürliche Zins entspricht hier der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, d.h. der Rendite, die eine Neuinvestition erzielt. Sinkt (beispielsweise durch geldpolitische Maßnahmen der Zentralbank) der Zins (Preis für Kredite), dann übersteigt die aktuelle Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals (=Rendite einer Neuinvestition) seine Kosten (=Zins). Als Folge werden Unternehmen mehr Darlehn bei den Banken aufnehmen, um vermehrt Investitionen zu tätigen. Dies führt aufgrund des abnehmenden Grenznutzens der Investitionsmöglichkeiten (gute Investitionen werden zuerst getätigt) zu sinkenden Renditen. Dieser Prozess endet wenn der natürliche Zinssatz (= der Ertrag aus einer Investition) sich wieder dem Marktzinssatz angepasst hat. Diese Überlegung unterstellt eine ausschliesslich oder vorwiegend zinsorientierte Investitionsentscheidung, obwohl der empirische Nachweis dafür bisher nicht erbracht wurde.

In der ursprünglichen Wicksellschen Definition ist der natürliche Kapitalzins „jene Rate des Darlehenszinses, bei welcher dieser sich gegenüber den Güterpreisen durchaus neutral verhält, sie weder zu erhöhen noch zu senken die Tendenz hat“. Er bezieht sich also zunächst auf die Inflationswirkungen geldpolitischer Entscheidungen und kommt erst im Laufe seiner Analyse auf die Äuqivalenz zur Kapitalrendite.


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