Kapitel 13
Das Prinzip des komparativen Kostenvorteils

Ein Land verfügt bei der Herstellung eines Gutes über einen komparativen Kostenvorteil, wenn die Opportunitätskosten für dessen Produktion, ausgedrückt in einem anderen Gut, in diesem Land niedriger sind als in anderen Ländern. Im Beispiel: Deutschland verfügt über einen komparativen Kostenvorteilvorteil bei Autos, Portugal bei Kleidung.

OKKleidungD > OK KleidungP  und OK AutosP > OK AutosD

Hat das eine Land einen komparativen Kostenvorteil in einem Gut, hat das andere Land zwangsläufig einen komparativen Kostenvorteil im anderen Gut.

Schauen wir uns das Beispiel nochmal an: wir haben zwei Länder - Deutschland (D) und Portugal (P). Zum einfacheren Verständnis greifen wir auf die Produktionskoeffizienten zurück. Die Länder können zwei Güter produzieren: Autos (A) und Kleidung (K). Nehmen wir zusätzlich noch an, es gibt einen einzigen Produktionsfaktor – Arbeit (L). Um ein Auto in Deutschland zu produzieren, werden 2 Arbeitsstunden benötigt, um ein Kleidungsstück in Deutschland zu produzieren wird 1 Arbeitsstunde benötigt. In Portugal wird ein Auto in 8 Arbeitsstunden hergestellt, ein Kleidungsstück in 2 Arbeitsstunden. Die Anzahl der Arbeitsstunden, die zur Herstellung von einer Gütereinheit erforderlich sind, nennt man Arbeitskoeffizient. Der technologische Stand der Volkswirtschaft wird anhand des Arbeitskoeffizienten gemessen: Ein niedrigerer Arbeitskoeffizient bedeutet höhere Arbeitseffizienz (Arbeitsproduktivität).

Berechnen wir nun die Opportunitätskosten von Autos in Kleidungseinheiten: Deutschland aLAD aLKD = 20 1 = 20 und Portugal aLAP aLKP = 80 2 = 40. Deutschland hat einen komparativen Kostenvorteil in der Autoproduktion. Die Opportunitätskosten von Kleidung in Autos sind dann: Deutschland aLKD aLAD = 1 20 und Portugal aLKP aLAP = 2 80 = 1 40. Portugal hat daher einen komparativen Kostenvorteil in der Kleidungsproduktion. An diesem Beispiel sieht man, dass obwohl Deutschland einen absoluten Vorteil bei der Produktion beider Güter hat, hat das andere Land immer mindestens einen relativen Vorteil.

Internationaler Handel führt dazu, dass der Lebensstandard in beiden Ländern erhöht werden kann, wenn Deutschland Autos für beide Märkte produziert und Portugal Kleidung. Wir haben somit eine wesentliche Erkenntnis über komparativen Vorteil und Außenhandel gewonnen: Der Handel zwischen zwei Ländern kann für beide Länder vorteilhaft sein, wenn jedes Land diejenigen Güter exportiert, bei denen es über einen komparativen Kostenvorteil verfügt.

Illustration

Stellen wir uns folgende Situation vor: In beiden Ländern werden in Autarkie beide Güter produziert. In Deutschland 5 Mio Kleidungsstücke und 250.000 Autos, in Portugal 1 Mio Kleidungsstücke und 25.000 Autos.

Die Opportunitätskosten kann man als Preis (Tauschverhältnis) des einen Gutes in Einheiten des anderen Gutes auffassen. Der Preis für Autos wäre in Deutschland dann 20 Kleidungsstücke, in Portugal 40 Kleidungsstücke.

Beim Handel zwischen den beiden Ländern würde dann ein Tauschverhältnis zustande kommen, dass zwischen diesen beiden Preisen liegt, beispielsweise 25 Kleidungsstücke für ein Auto. Dann könnte Portugal sich auf die Produktion von Kleidung spezialisieren und 2 Mio. Kleidungsstücke herstellen, von welchen dann die Hälfte nach Deutschland exportiert wird. Bei einem Verhältnis von 25:1 erhält Portugal dafür 40.000 Autos. Somit kann Portugal dann 1 Mio. Kleidungsstücke und 40.000 Autos konsumieren, deutlich mehr als vorher. Deutschland hingegen könnte die Produktion von Kleidung reduzieren auf 4 Mio. Kleidungsstücke und dafür 50.000 Autos mehr produzieren. Nach dem Export von 40.000 Autos für 1 Million Kleidungsstücke bleiben Deutschland 5 Mio. Kleidungsstücke und 260.000 Autos, ebenfalls mehr als vorher.

Natürlich können sich auch andere Preise und Mengen ergeben. Welche für die Präferenzen der Länder optimal sind, erarbeiten wir in den nächsten Abschnitten. Es ging in diesem einfachen Zahlenbeispiel nur darum zu zeigen, dass Spezialisierung und Handel zu mehr Konsummöglichkeiten für beide (!) Seiten führt, wenn der Tauschpreis zwischen den Autarkiepreisen liegt.


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Prof. Dr. Christian Bauer, Lehrstuhl für monetäre Ökonomik, Universität Trier, D-54296 Trier, E-mail: bauer@uni-trier.de