8.8.3 Geldpolitik des Ankerlandes: Importierte Inflation und ”schädliche” Geldpolitik

Ein sehr wichtiger Aspekt fixer Wechselkurse ist der Verlust geldpolitischer Autonomie. Was heißt das? Nun, die Grundidee autonomer Geldpolitik ist, mit Hilfe geldpolitischer Entscheidungen, wie der Höhe der Zinsen und der Geldmenge, Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung nehmen zu können, um bestimmte Ziele zu erreichen. Beispielsweise kann es ein Ziel sein, die Inflation auf niedrigem Niveau zu halten oder bei einer Wirtschaftsflaute die Konjunktur mittels niedriger Zinsen anzukurbeln. Fixiert man jedoch den Wechselkurs, so ordnen sich alle anderen Ziele diesem unter. Die unten stehenden Graphik zeigt, dass sich die heimische Geldpolitik dann insbesondere an der des Ankerlandes orientiert. Bei sonst unveränderten Bedingungen bedeutet das, dass der Zins im Inland gesenkt werden muss, wenn der Zins im Ausland gesenkt wird, und der Zins im Inland ansteigen muss, wenn der Zins im Ausland ansteigt. Die Geldpolitik im Inland macht also die Geldpolitik im Ausland nach. Dies hat jedoch unter Umständen unerfreuliche Konsequenzen, da die ausländische Geldpolitik sich natürlich nicht am Konjunkturzyklus des Inlandes orientiert.

I) Expansive Geldpolitik im Ausland: Wird im Ausland eine expansive Geldpolitik durchgeführt, d.h. Ausweitung der Geldmenge, Senkung der Zinsen, ggf. Anstieg der Inflation, so muss dies im Inland imitiert werden. Dies führt dann (falls die Geldmengenausweitung nicht zufälligerweise auf einen ebenso großen Wachstumsboom trifft) zu einem Preisniveauanstieg im Inland, der als importierte Inflation bezeichnet wird. Dieses Szenario haben wir in den 1970er Jahren erlebt, als die USA begannen den Vietnamkrieg über die Druckerpresse zu finanzieren und in der Folge die Inflation in Deutschland auf über 7% anstieg, bis diese Spirale mit der Aufkündigung des Bretton-Woods Abkommens 1973 beendet wurde.

II) Restriktive Geldpolitik im Ausland: Wird im Ausland eine restriktive Geldpolitik durchgeführt, d.h. Verringerung der Geldmenge, Anstieg der Zinsen, ggf. Rückgang der Inflation, so muss auch dies im Inland imitiert werden. Befindet sich die heimische Wirtschaft nicht in einer Boomphase, so kann die Dämpfungswirkung der steigenden Zinsen sehr stark ausfallen und sogar eine Rezession auslösen. Dieses Szenario haben wir beispielsweise bei der Tequila-Krise 1994/5 erlebt. Der Zinsanstieg in den USA führte bei festem Peso-Dollar Wechselkurs zu Kapitalabflüssen und steigenden Zinsen in Mexico. Dies verstärkte den gerade begonnenen Abschung des Wirtschaftswachstums und führte in eine ecte Wirtschaftskrise, welche dann die drohende Zahlungsunfähigkeit des Mexikanischen Staates und die Aufgabe des festen Wechselkurses zur Folge hatte.

Die obige Graphik veranschaulicht diese Zusammenhänge. Dabei gehen wir vereinfacht davon aus, dass die (potenzielle) Wirkung der Geldpolitik im Ausland auf die Inflation den potentiellen Wechselkurs vorgibt. Der Schieberegler ermöglicht es, einen geldpolitischen Schock im Ausland darzustellen.

Im Falle einer rezessiven Geldpolitik heißt dies, dass die Inflation im Ausland reduziert wird. In der Folge würde der Wechselkurs abwerten (Kaufkraftparität). Um dies zu verhindern, muss die Notenbank reagieren. Diese Reaktion kann mit Hilfe des Buttons angezeigt werden und ist blau markiert. Die Notenbank hat dabei zwei Möglichkeiten. Sie kann entweder Devisen verkaufen, um den Abwertungsdruck zu reduzieren. Dabei entzieht sie heimisches Geld dem Kreislauf und senkt so die umlaufende Geldmenge (FX , Punkt 1). Alternativ dazu kann sie auch direkt den heimischen Kredit reduzieren, also eine restriktive Geldpolitik fahren(DC , Punkt 2). Beide Politiken, oder auch eine Mischung davon, reduzieren die heimische Geldmenge (M = DC + FX ), so dass sich die Geldnachfragekurve nach unten verschiebt bis der Preisdruck egalisiert wird. Wenn das Preisniveau sich nicht ändert, entsteht kein Druck auf den Wechselkurs und das neue Gleichgewicht bei verringertem Einkommen stellt sich ein.

Im Falle einer expansiven Geldpolitik im Ausland stellt sich das Gegenteil ein. Die Inflation im Ausland erzeugt einen Aufwertungsdruck auf dem Devisenmarkt, den die Notenbank durch eine Ausweitung der Geldmenge, M , weil entweder DC (expansive Geldpolitik) oder FX (Aufkauf von Devisenreserven gegen neu geschöpftes Geld), entgegen wirkt. Fixe Wechselkurse zwingen die Notenbank also zu einer Geldpolitik, die sich nicht an der heimischen Wirtschaftslage orientiert. Dies kann sowohl importierte Inflation wie auch eine Rezession hervorrufen.


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Prof. Dr. Christian Bauer, Lehrstuhl für monetäre Ökonomik, Universität Trier, D-54296 Trier, E-mail: bauer@uni-trier.de