9.4 Das Mundell-Fleming Modell

Das Mundell-Fleming Modell ist für kurz- bis mittelfristige Vorhersagen geeignet, wie man an den zugrundeligenden Annahmen sehen kann.

  1. Horizontale Güterangebotskurve

    • Preise und Löhne sind konstant
    • vgl. Keynes Paradigma
    • Vereinfachung: P = P = 1 so dass Q = SP P = S
  2. Kurzfristige Ananlyse: Leistungsbilanz

    • Leistungsbilanzüberschuss B = B(y,Q) = B(y,S)
    • dB dS = Bs > 0 : LB-überschuss B reagiert positiv auf den realen Wechselkurs (Wettbewerbsfähigkeit )
    • dB dy = By < 0 : und negativ auf das reale BIP (Konsumeffekt)
  3. Endliche Kapitalflüsse

    • Endliche Zinssemielastizität des internationaen Kapitalflusses
    • Eine Änderung des Zinsdifferentials führt zu endlichen Kapitalzu- bzw. abflüssen K
    • z.B. Risikoaverse Kapitalmarktakteure
    • r ist exogen
  4. Statische Wechselkurserwartungen
  5. Vollkommen flexible Wechselkurse: allzeitiges Gleichgewicht der Zahlungsbilanz (BoP)

    B(y,S) + K(r) F (y,S,r) = 0

    mit Fy < 0,Fs > 0,Fr > 0

ad 1) Die Annahme einer horizontalen Güterangebotskurve impliziert, dass sich die Modellvolkswirtschaft in einer Unterauslastungssituation befindet, wie es in Keynes berühmter Analyse für die Zeit der großen Depression der Fall war, oder dass ein so kurzer Zeithorizont (bis zu ein Jahr) betrachtet wird, dass sich die allgemeinen Preise aufgrund ihrer Trägheit nicht anpassen können. Vereinfachend normieren wir die Preise auf 1, so dass sie aus den Formeln herausfallen und realer und nominaler Wechselkurs zusammenfallen.

ad 2) Zentrales Analyseinstrument im Mudell-Fleming Modell ist die Leistungsbilanz B. Diese muss sich nicht im Gleichgewicht befinden zeigt jedoch an, in welchem Zustand sich die Volkswirtschaft befindet und determiniert so die Nettokapitalflüsse. (siehe (5)). Die Leistungsbilanz wird von zwei Kernvariablen nämlich dem Volkseinkommen und dem Wechselkurs beeinflusst. Steigt der reale Wechselkurs (Abwertung), so werden inlädische Waren für das Ausland billiger. Somit steigt die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Idustrie und die Nettoexporte steigen (dB dS = Bs > 0). Steigt der Wohlstand (BIP) im Inland, so kaufen die Menschen überproportional mehr ausländische Güter5 (dB dy = By < 0).

ad 3) Die Kapitalbilanz K(r) reagiert auf die Differenz der Zinssätze im In- (r) und Ausland (r). Da wir den Auslandszinssatz als exogen annehmen, bleibt der Inlandszins r als Variable übrig. Steigt der Zins, so wird die Anlage im Inland attraktiver und Kapital fließt herein. Die Kapitalbilanz steigt (dK dr = Kr > 0). Dabei ist die Zinssemielastizität des internationaen Kapitalflusses dK dr r K endlich. D.h. dass eine Änderung des Zinsdifferentials zu endlichen Kapitalzu- bzw. abflüssen K führt. Somit können Zinsunterschiede bestehen bleiben.6 Gründe für die Endlichkeit der Zinselastizität können Transaktions- und Informationskosten, Zeit, regulatorische Maßnahmen (z.B. unterschiedliche Anrechenbarkeit in Risikoklassen) und vor allem die Risikoaversion (es kommt zumindest das Wechselkursrisiko hinzu) bei internationalen Kapitalanlegern sein.

ad 4) Eine der Annahmen ist die statische, d.h. fixe, Wechselkurserwartung. Ähnlich wie bereits bei der Zinsparitätentheorie kann man hier jedoch kritisieren, dass Schocks auch das langfristige Gleichgewicht (zumindest bei nominalen Größen) verändern können und damit Auswirkungen auf den langfristigen Wechselkurs und somit auch auf seine Erwartungen haben können. Auch wenn das Mundell-Fleming Modell nur zur kurzfristigen Analyse dient, kann ein Einfluß der untersuchten Schocks auf die als exogen angesehenen langfristigen Gleichgewichtsparameter natürlich das Ergebnis verzerren. Somit muss bei jeder Analyse der potentielle Einfluss auf die lange Frist untersucht werden.

ad 5) Im Standardmodell unterstellen wir einen freien Kapital- und Devisenmarkt ohne Interventionen, d.h. die Wechselkurse passen sich sehr schnell an die Marktentwicklung an. Unter diesen Bedingungen hält das Zahlungsbilanzgleichgewicht andauernd. Die Zahlungsbilanz F ist die Summe aus Leistungsbilanz B und Kapitalbilanz K, und hängt somit von den drei Variablen Einkommen y, Wechselkurs S und Zins r ab. F (y,S,r) = B(y,S) + K(r) = 0 Der Wechselkurs ist im Mundell-Fleming Modell - wie in den Modellen üblicherweise - in Preisnotierung angegeben, d.h. S ist der Preis einer Einheit der ausländischen Währung gemessen in inländischer Währung. Beispielsweise bedeutet ein Wechselkurs S = 0, 8e $ aus Sicht eines Europäers, dass der Preis für einen US-Dollar 0,8beträgt. Bei der Preisnotierung bedeutet also ein Anstieg von S eine Abwertung der heimischen Währung.

ACHTUNG: Üblicherweise wird an der Börse die Mengennotierung verewndet, also genau der Kehrbruch.

5Mögliche Gründe sind, dass die Arbeitsneigung mit zunehmendem Einkommen sinkt oder ausländische Güter als luxuriöser und damit dem höheren Wohlstand angemessener angesehen werden.

6Im Falle einer unendlichen Zinssemielastizität würde jegliche Zinsdifferenz sofort ausgeglichen, da ein Land mit höheren Zinsen sofort Kapitalzuflüsse (in unendlicher Höhe) hätte, so dass das gestiegene Kapitalangebot, die Zinsen wieder drücken würde und im Land mit verringertem Kapitalangebot der Zins anstiege bis zur Gleichheit.


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Prof. Dr. Christian Bauer, Lehrstuhl für monetäre Ökonomik, Universität Trier, D-54296 Trier, E-mail: bauer@uni-trier.de